2022 war das Jahr in dem ich all meine selbst erbauten Grenzen durchbrach. Ich stellte mich meinen Ängsten, tat was nötig war und biss die Zähne zusammen, um meinem Kind und mir selbst, das beste Leben bieten zu können. So, wie wir alle es tun, nicht wahr?
Nachdem ich bereits seit Anfang 2020 alleinerziehend war und einige Zeit hatte, mich von dem Schrecken zu erholen, beschloss ich 2021 eine Ausbildung anzufangen. Ich dachte sie wäre das, was ich wollte. Wären die Umstände andere gewesen… hätte, hätte, Fahrradkette.
Naja, du weißt schon. Der Chef dies, die zickige Kollegin das. Es gab tausend Faktoren, von denen ich glaubte, dass sie mich unglücklich machten, wobei sich der wahre Grund in meiner Brust versteckte.
Ich war unglücklich, weil es mich nicht erfüllte.
Mein Leben hatte keine Balance.
Unwissend verplemperte ich meine kostbare Lebenszeit mit einer Arbeit, von der ich dachte, dass sie die gesellschaftlichen und von meiner Familie gesetzten Erwartungen an mich erfüllen würde, hatte viel zu wenig Zeit mit meinem Kind und zu allem Übel immer noch zu wenig Geld für alles. Nahezu täglich beobachtete ich mich dabei, wie ich alle meine Erwartungen an das Leben über Bord warf, um mich dem perfekten Karrierebild hinzugeben, da ich ja als junge, alleinerziehende Mutter schon nicht in das idealistische Familienbild passte.
Irgendwo musste ich doch reinpassen.
Oder?
Beinahe ein Jahr lang, lief ich mit dem Kopf so durch die Wand und versuchte meinen Freigeist zu zügeln. Dann kam der Tag, an dem ich die Entscheidung fasste, mein Leben noch ein Mal umzukrempeln. Diesmal aber richtig.
Ich kündigte das Arbeitsverhältnis meiner Ausbildung, sobald ich den Eingangstest meiner Wunsch-Akademie im Ausland bestanden hatte, kalkulierte alle finanziellen und zeitlichen Aspekte meines Vorhabens und zog mit meinem Kind und meinem Hund 5 Monate später schließlich um.
Die neue Heimat: Palma de Mallorca
Schritt 1
Zu erst nahm ich mir ein Notizbuch zur Hand und nutzte es ausschließlich für diesen Zweck. Ich nahm es überall mit hin, daher sollte es nicht zu groß sein. Darin führte ich alles in Listen auf:
- Was brauche ich für das Erreichen meines Ziels?
- Finanzielle Mittel und Konten
- Neue Wohnung
- Versicherungen
- Amtliche Dokumente
- Arbeit
- Kinderbetreuung
- Zeit
- Was muss ich loswerden für das Erreichen meines Ziels?
- Verträge von Dienstleisern (z.B. Handy)
- Möbel
- Auto
- Versicherung
- Arbeit
- Konten
- Zustellungsadresse
- Meine alte Lebenseinstellung
Ich führte dort jedes noch so kleine Detail auf mit kleinen Kästchen zum Abhaken, wenn ich mich darum gekümmert hatte.
Die wichtigste Frage des Tages stellte ich in einer eigens erarbeiteten Tabelle auf:
- Wie sieht meine finanzielle Situation aus?
Auf dem folgenden Bild habe ich ein paar fiktive Zahlen eingesetzt, um zu veranschaulichen, wie die Tabelle quasi “für mich gearbeitet” hat:
Außerdem erstellte ich ein visuelles Bild von meinem Vorhaben.
Es waren vier Säulen, die ein Dach trugen.
Das Dach symbolisierte mein übergeordnetes Ziel.
Ich schrieb drauf: Mallorca
Weil sich dort unser Leben in Zukunft abspielen sollte.
Das Erreichen des Ziels wurde von vier Säulen zu gleicher Last getragen:
- Wohnung
- Arbeit
- Die Vorschule meines Kindes
- Mein Studium
Für jede einzelne Säule kann man dieses Schaubild wiederum nochmal erstellen, sodass das Wort der Säule diesmal das Dach ist, welches von anderen Faktoren getragen wird.
So könnten die Säulen des Dachs “Arbeit” lauten:
- Entfernung zur Wohnung
- Gehalt
- Arbeitserlaubnis
- Auto oder Motoroller
usw…
So könnte die Zielführung zum Beispiel aussehen:
Je kleinlicher du dabei wird, desto sicherer kannst du dir am Ende sein, nichts vergessen zu haben. Denn diese Säulen sind wie eine Liste, die du abhaken kannst, sobald diese Bedingung für das Dach gegeben ist.
Nachdem die Planung vollendet ist, folgt der nächste Schritt.
Bereit?
Schritt 2
Ich verkneife mir jetzt mal das Zitat eines verstorbenen Dichters und Denkers und komme zum Punkt:
Fang an!
Im zweiten Schritt geht es darum alles, was zu tun ist, nach einer taktischen Reihenfolge zu bearbeiten. Denn es gibt Vorlaufzeiten, Kündigungsfristen und vor allem keine Zeit zu verschwenden.
Nimm dir also dein Notizbuch zur Hand und schau dir deine Säulen und deine Listen aus Schritt 1 genau an. Hole alle Verträge und Unterlagen heraus, die du mühevoll in den Schrank gestopft und voller Liebe einstauben lassen hast und fange an, nach Zahlen zu suchen.
Schreibe alle Säulen und ihre Fristen sogfältig und in zeitlicher Dringlichkeit auf.
Alle Säulen und Listenpunkte, die keine bestimmten Fristen oder Vorbereitungszeiten haben, nimmst du dir für die Zeitfenster, die noch nicht allzu vollgestopft sind. Was du in wenigen Minuten erledigen kannst, machst du noch heute und hakst es ab, wenn es erledigt ist.
Wenn es zu viel wird, frag Freunde oder Familie, ob sie dir helfen können. Es ist keine Schande sich helfen zu lassen. Die meisten Menschen freuen sich sogar, wenn sie dir mit einem Rat oder einer Stütze unter deinem Arm helfen können. Du hast nun einen solide ausgearbeiteten Plan von deinem Vorhaben und alles im Überblick. Wer sieht wie sehr du dich dahinter klemmst und dafür arbeitest, dein Ziel zu erreichen, wird dich ernst nehmen und dir helfen. Also keine Scheu.
Während Schritt 2 wohl den größten Teil deiner Zeit in Anspruch nehmen wird, kannst du schon einmal mit Schritt 3 beginnen.
Schritt 3
Die seelische Vorbereitung auf dein Vorhaben, ist ebenso wichtig, wie die Organisatorische.
Behalte in Erinnerung, weshalb du dir all diesen Stress und die Arbeit antust. Behalte das Ziel vor Augen und lass es in keinem Fall aus den Augen.
Als ich wahrnahm, dass sich in meinem Leben gerade alles zu verändern begann, fing ich meine Gedankensammlung an.
Man konnte es kaum Tagebuch nennen, denn ich schrieb sehr unregelmäßig und außerdem für mein zukünftiges Ich und nicht für das Tagebuch… oder gar eine neugierige Nase, die zufällig auf einer Bananenschale ausgerutscht und auf 50 Seiten meiner Gedankensammlung gleichzeitig gelandet ist und sie so zufällig gelesen hat.
Ich schrieb meine Ängste, Erfolge, Nöte und Dankbarkeiten auf. Manchmal auch einfach nur ein paar Zeilen die mir in den Kopf kamen. Egal was, ich schrieb es auf. Es war meine Art mit meiner Angst zu scheitern umzugehen. Denn mit dem Geschriebenen konnte ich meinem Zukunfts-Ich beweisen, dass ich alles in meiner Macht Stehende getan hatte, um mein Ziel zu erreichen.
Ich hatte in meinem Notizbuch für das Organisatorische, einmal angefangen eine Plan-B Liste für meine vier Hauptsäulen zu schreiben. Dabei stellte ich fest, dass ich weder einen Plan B hatte, noch wollte.
Bis heute ist diese Liste leer. Sie soll mich daran erinnern, dass ich am besten darin bin mein Ziel zu erreichen, wenn es für mich keine Option B und C gibt. Das war schon immer so. So manch anderer würde vielleicht mit Plan A, B, C und D viel besser arbeiten.
Was für einen selbst am besten funktioniert, ist immer eine persönliche Sache.
Ein weiterer wichtiger Teil von Schritt 3 ist es, sich auf die Umgewöhnung vorzubereiten.
Weiß ich, was auf mich zukommt?
(Verlust von Freunden, keine Familie in der Nähe, finanzielle Beschränkungen, kulturelle Umgewöhnung, usw.)
Lese Ratgeber zu deinem Thema, lese Blogbeiträge wie diesen, die dir helfen deinen Weg so beschwerdefrei wie möglich zu finden oder schaue dir Dokumentationen an. Mach dein zukünftiges neues Leben jetzt schon zu deiner Welt. Tauche darin so tief ein, wie es nur geht, damit du mehr Sicherheit gewinnst, um den Nervenkitzel über die anstehende Veränderung ein wenig zu dämpfen.
Zu guter Letzt:
Schritt 4
Feiere! Genieße deinen Erfolg, dich über deine Ängste hinweggesetzt und das getan zu haben, wovon sehr, sehr viele Menschen immer nur träumen. Ob allein, oder mit all deinen Freunden und deiner Familie. Gönne dir die Zeit, stolz auf dich zu sein.
Du hast es verdient.
Mit ganz viel Herz,
Deine Vanessa